Mittwoch, 21. September 2011

Menetekel und anderer antiquierter Unsinn eines vergessenen Jahrhunderts


Menetekel und anderer antiquierter Unsinn eines vergessenen Jahrhunderts
Genre: Satire
Veröffentlichung: 21.09.2011

Diese kleine Erzählung habe ich in der letzten Nacht geschrieben. Momentan bin ich so ziemlich genervt von allem. Also versetzte ich mich in die Situation einer Person die stets für uns da ist. Tagtäglich mit hunderten von Menschen zu tun hat. Und ich bin mir ganz sicher, selbst diese Person würde ganz sicher von unserer Gesellschaft genervt sein. Wenn man sie dann mal nach ihrer Meinung fragen würde.


Menetekel und anderer antiquierter Unsinn eines vergessenen Jahrhunderts

Mal ganz ehrlich. Gewisse Worte in unserer heutigen Zeit zu verwenden sollte unter Strafe stehen. Mein absoluter Favorit ist Menetekel. Wer benutzt denn dieses Wort bitteschön noch? Wie klingt das überhaupt? Meine Güte, nennt es doch einfach eine unheilvolle Warnung. Klinge ich etwa intellektuell wenn ich stattdessen Menetekel sage? Vermutlich! Aber mir geht das ganz ehrlich gesagt am Arsch vorbei. Ich habe immer in einer gängigen, aber schönen sowie förmlichen Sprache gesprochen. Es war ein gehobenes Deutsch. Ohne Abkürzungen und Anglizismen. Vielleicht noch einige zeitgenössische Fremdwörter. Aber Menetekel? Nein! Katapultiert dieses Wort zurück in die Zeit als Latein noch keine ausgestorbene Sprache war (Klugscheißer sagen an dieser Stelle nun das Latein ganz und gar nicht ausgestorben sei. Eher steht die Sprache kurz vor ihrem Comeback).

Tag auf Tag, ich habe aufgehört zu zählen, muss ich mir das stumpfsinnige Gerede von hunderten von unbedeutenden Menschen anhören. Ich habe Geschichten aufgeschnappt die so dramatisch sind das man sie verfilmen könnte. Doch auch absurde und langweilige Geschichten musste ich mir antun. Das fürchterliche daran ist das ich ihnen nicht entkommen kann. Angekettet an meinem Platz muss ich mir das sinnlose Geplärre von Frauen anhören die von ihren Freunden verlassen wurden. Sie heulen. Ein unkontrolliertes wimmern. Sie texten ihre beste Freundin über ihr Handy voll: Aber, aber, aber ich wusste doch nicht das er nur mit mir schlafen wollte. Ich dachte er sei anders... wähhhh... wähhhh... wähhhh.
Wenn ich könnte würde ich diesen Frauen sagen das sie eine große Dummheit begangen haben, aber selbst an ihrem Unheil schuld ist. Vermutlich würde ich sie auch noch beleidigen.
Aber nein, ich bin ja dazu verdammt höflich zu den Leuten zu sein.
Und schließlich gibt es dann auch noch die Intellektuellen die sich über Menetekel unterhalten.
Arbeitslose die sehnsüchtig auf ihre Stütze warten. Junge, völlig überforderte Mütter (vermutlich auch noch alleinerziehend) mit Einkaufszetteln in ihren Händen (inklusive ihren Schreihälsen als Anhang). Alte Leute die sich über längst vergangene Zeiten unterhalten. Mit dem Fortschritt der Technik überhaupt nicht zurecht kommen. Ich habe genug von all diesen Menschen. Habe genug davon täglich den gleichen Text aufzusagen. Als Dank für seine Dienste bekommt man eher noch einen Tritt.

Nicht weit von mir höre ich das Meer rauschen. Es ist ein sehr angenehmes Geräusch. So gerne würde ich es einmal sehen. Jedoch nur wenn all diese nervtötenden Leute nicht da sind. In ein paar Tagen wird es aber endlich ein Ende haben. Ich sehne mich so sehr danach. Auch wenn ich mich noch völlig fit fühle, die Zeit meines Abschiedes naht. Ich muss den Weg freimachen für die Technik. Ob ich mich darüber freue abgeschoben zu werden? Natürlich nicht! Aber ich weiß das ich einen guten Job gemacht habe. Die Zeit rauschte an mir vorbei. Ich habe aufgehört die Jahre zu zählen. Ich kann mich guten Gewissens verabschieden. Genau so habe ich aufgehört die Geschichten zu zählen die ich in all der Zeit hier aufschnappt habe. Als Fazit kann ich lediglich noch sagen das die Menschen wohl ein sehr unbefriedigtes Dasein frönen. Stets sind sie unglücklich. Sie weinen so häufig. Sind melancholisch und machen sich über die seltsamsten Dinge Gedanken. Nicht nur über Menetekel. Dinge die schon längst aus der Mode gekommen sind. Der zweite Weltkrieg ist immer noch aktuell. Für viele scheint er nie geendet zu haben. Ich habe kein Mitleid mit ihnen, aber ich fühle mich etwas wehmütig wenn ich an diese tausenden Schicksale zurückdenke die ich seit Anbeginn meiner Karriere hier kennengelernt habe. Am Ende erscheinen einem selbst die schlimmsten Personen irgendwie erträglich.

Ja, das Meer rauscht und der Wind weht schwach. Es wird Herbst. In ein paar Tagen werde ich ihn spüren. Wer weiß, vielleicht werde ich ja demnächst ein Buch schreiben? Doch das wird wohl nicht passieren. Denn auch ich kenne meine Grenzen, mein Schicksal. Das Schicksal ein Leben lang angekettet zu sein und am Ende ausgedient zu haben ohne das sich auch nur eine Person bedankt hat. Ich kann mich selbst beglückwünschen. Ich fühle mich moderner als ich sein sollte. Dennoch war es mir nie vergönnt jemals ein Rockkonzert Live zu sehen. So viele Dinge werden mir auf ewige Zeit verwehrt bleiben. Wie ich aber bereits sagte, ich habe mein Schicksal längst akzeptiert. Diese Menschen, die immer wieder hier her zurückkommen, die werden ihr Schicksal wohl nie akzeptieren. Sie bemerken aber auch nicht was ihnen im Leben entgeht. So wird ihnen nicht einmal auffallen wenn ich nicht mehr da bin. Ich werde ersetzt werden. Einigen wird es auffallen (besonders den alten), einige werden es hinnehmen und wiederum andere werden es nicht einmal bemerken.

Nun denn. Noch zwei Tage werde ich den Leuten einen guten Tag und einen angenehmen Abend wünschen. Ein letztes Mal werde ich ihnen die Informationen geben nach denen sie verlangen.Dann werden diese unhöflichen Männer kommen und mich mitnehmen. Nein, meine Vorgesetzten sind sie nicht. Ich bin mein eigener Chef. Schade finde ich nur das ich meinen Nachfolger wahrscheinlich nie kennenlernen werde. Ob er wohl das Meer einmal sehen wird? Ob er am Ende auch so genervt von der Gesellschaft ist wie ich? An jenem Ende wird er sich wohl nicht großartig von mir unterscheiden. Doch hört mir zu, ihr Menschen. Wenn ihr diese Zeilen vor euren Augen sehen werdet, dann behauptet nie wieder das Wir ein genau so unbedeutendes Dasein wie ihr führt. Wir erfüllen einen Zweck. Und darauf war zumindest ich sehr stolz (und bin es natürlich auch jetzt, in diesem Augenblick). Es war ein mühseliges Leben. Aber ich habe einen Zweck erfüllt. Von nun an werdet ihr lernen Uns besser zu behandeln. Wir, auf die ihr angewiesen seid. Denn ohne Uns würdet ihr längst pleite sein.  Wir sind der komfortable Weg um an Geld zu kommen. In ständiger Angst ausgeraubt zu werden stehen Wir euch ein ganzes Jahr über zur Verfügung. Respektiert Uns gefälligst nachdem ihr diese Zeilen gelesen habt. Baut Statuen und Schreine die Uns ehren. Wir, die Geldautomaten die immer für euch da sind. Tag und Nacht.

Auf dann.
Euer verehrter 289102900092839201, treuer Geldautomat an der Sparkasse der Strandpromenade West (Merkt euch gefälligst die Seriennummer! Vielleicht werdet ihr mich schon bald in einem Museum antreffen).


Ende

1 Kommentar:

  1. Ein Geldautomat o.O
    Ok, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet >.<
    Aber hach.. Manchmal kann ich ihn gut verstehen...

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